Rechtschreibfehler sind mir egal, denn bei meinen Beiträgen kommt es nur auf den Inhalt an. Wer in meinen Texten Rechtschreibfehler findet, darf sie gerne behalten.
Solche und ähnliche Sätze höre ich in meinem Beruf als freie Autorin fast jeden Tag. Gesprochen werden diese Worte von Menschen kreuz und quer durch sämtliche Bildungs- und Gesellschaftsschichten. Dieses fehlertolerante Phänomen hat dementsprechend viele mögliche Ursachen, von denen ich nachfolgend beispielhaft einige aufführen will.
Formen der Rechtschreibfehler und wer sie meistens macht
» Rechtschreibfehler #1:
Intellektuell motivierter passiv aggressiver Widerstand gegen die subjektiv abgelehnten konformistischen Normen einer von oben verordneten streng reglementierenden Rechtschreibung. Vertreter dieser Gattung beharren auf ihren ganz eigenen individuellen Rechtschreibregeln und folgen diesen aufreizend konsequent.
» Rechtschreibfehler #2:
Spirituell motivierte sanfte Rebellion gegen die sichtbaren Zeichen herrschaftlichen oder standesdünkelnden Kastendenkens. Vertreter dieser Gattung schreiben oft alles und jedes Wort klein, zumindest aber grundsätzlich das “Du” bzw. das “Sie“.
» Rechtschreibfehler #3:
Echte Rechtschreibfehler, die wahlweise einer biologisch veranlagungsbedingten punktuellen Rechtschreibschwäche oder einer komplett bescheuerte Schreiblernmethode in der Grundschule geschuldet sind. Vertreter dieser Gattung sind wegen ihrer speziellen Begabungsstruktur (oder wegen des Grauens der Ganzwortmethode) nicht in der Lage, fehlerfreie Texte zu schreiben.
» Rechtschreibfehler #4:
Echte Rechtschreibfehler, die auf einer generellen intellektuellen Minderbegabung oder auf einer klinisch relevanten Aufmerksamkeitsstörung beruhen. Personen mit deutlich unterdurchschnittlichem Intelligenzquotient oder mit starken Konzentrationsdefiziten können nun mal sehr vieles nicht besonders gut, auch nicht fehlerlos Schreiben.
» Rechtschreibfehler #5:
Grundsätzlich vermeidbare Schusseligkeitsfehler. Vertreter dieser Gattung könnten sehr wohl fehlerlose Texte produzieren, wenn sie nicht immer so grenzenlos schluderig, unkonzentriert und ablenkbar wären. Hier fehlt wahlweise die Lust, einen selbst geschriebenen Text noch einmal abschließend sehr aufmerksam “Korrektur zu lesen”, oder die Korrektur bringt nicht viel, weil sich beim Redigieren mehr neue Fehler einschleichen als alte Fehler ausgemerzt werden. Vertreter dieser Kategorie, die von “faul” bis “fahrig” einzustufen sind, machen nicht nur in der Rechtschreibung Flüchtigkeitsfehler ohne Ende, sondern auch bei der Zeichensetzung, bei der Formatierung und beim Layout. Dann sehen die Texte oft wie lieblos hingerotzt aus.
Rechtschreibfehler – na und?
Natürlich kann man der Meinung sein, dass beim geschriebenen Wort der Inhalt der Botschaft weit wichtiger ist als deren Form. Und viele zumindest tendenziell anarchisch veranlagte Leute werden dem sofort applaudierend zustimmen. Tatsächlich spielt aber das Formale beim Geschriebenen eine verblüffend große Rolle, wie nicht nur Psychologen schon seit langer Zeit wissen. Die wichtigsten Fakten dazu betreffen zum einen die reine Verständlichkeit eines Textes und zum anderen den gnadenlos gegenwärtigen Halo-Effekt.
Rechtschreibfehler machen unverständlich
Jene Hirnregionen, die für Sprachverständnis zuständig sind, können durchaus eine recht erstaunliche Fehlerrate korrekt kompensieren. Doch wenn der Anteil sinnentstellender oder irreführender Schreibfehler ein gewisses Maß überschreitet, dann kann auch der fitteste linguistische Koprozessor im Oberstübchen die Buchstabensuppe nicht mehr warm halten. Spätestens dann kommt der Moment, in dem sich der ach so wertvoll beurteilte Inhalt unrettbar in den Fallstricken der Rechtschreibfehler verheddert und darin für immer verschwindet. Wer also den Inhalt dessen, was endlich einmal gesagt werden soll und muss, wirklich und wahrhaftig hoch einschätzt, der sollte seinen schriftlichen Äußerungen unbedingt auch die Würde und die Ehre der verständnisfördernden Fehlerfreiheit angedeihen lassen. Im eigenen Interesse wie auch im Interesse der Leserschaft.
Rechtschreibfehler färben ab
Der Halo-Effekt beschreibt das wissenschaftlich gut erforschte Alltagsphänomen des Rückschlusses von einer bekannten Persönlichkeitseigenschaft auf alle restlichen unbekannten Charaktermerkmale. Wenn man beispielsweise von einem ansonsten unbekannten Menschen nur sicher weiß, dass er sehr großzügig ist, dann wird man ihn automatisch gleichzeitig auch für freundlich, gesellig und mitfühlend halten, obwohl man darüber keinerlei Informationen hat. Und was im positiven funktioniert, klappt selbstverständlich auch im negativen. Womit wir wieder beim Thema wären.
Stellen Sie sich vor, Sie lesen online einen Text, der vor Fehlern nur so strotzt. Dann werden Sie aller Wahrscheinlichkeit nach davon ausgehen, dass der Autor entweder mental bestürzend schlicht gestrickt oder sehr ungebildet ist, oder seinen Lesern gegenüber absichtsvoll respektlos auftritt. Ausgehend von diesen deutlich beobachtbaren Zeichen:
- Würden Sie diesem Autor eine vertrauenswürdige, fundierte, solide und glaubwürdige Wissensbasis unterstellen?
- Würden Sie einem Autor, der komplett auf Kriegsfuß mit seiner Tastatur steht, die professionelle Vermittlung wertvoller Informationen zutrauen?
- Würden Sie den Worten eines Schreiberlings Glauben schenken, der seine Worte ganz offensichtlich nicht besonders gut schreiben kann oder schreiben will?
Ganz ehrlich: Sie würden sich bestimmt nicht von einem Menschen, dessen Beiträge mit Fehlern gespickt sind, irgend etwas wirklich Wichtiges sagen lassen. Da fehlt es einfach zu sehr an gefühlter Glaubwürdigkeit. Und schon geht er dahin, der Wert des Inhalts. Auf Nimmerwiedersehen.
Fazit
Warum auch immer ein Autor Rechtschreibfehler in seinen Artikeln mutwillig züchtet oder zumindest freundlich duldet: Er beweist damit eine offene Missachtung seiner Leserschaft und/oder seine eigene Unfähigkeit, das Niveau seiner Schriftsprache dem Niveau seiner qualitativ hoch geschätzten inhaltlichen Aussage anzupassen. Beides kommt extrem negativ rüber und demontiert die Kompetenz. Wer genau das will – bitte sehr! Wer allerdings mit seinen Wortbeiträgen wirklich Leser gewinnen, überzeugen und begeistern will, der sollte Fehlerteufeln und “Dreckfühlern” keine Chance geben!
– Carina Collany –
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